Dr. Dietrich Hüppe
niedergelassener Internist & Gastroenterologe,
Herne
Die Hepatitis B ist eine Infektion der Leber durch
das Hepatitis B Virus (HBV). Die meisten Patienten erkranken
akut.
Nur bei ca. 10-15 % nimmt die Krankheit einen chronischen Verlauf.
Die akute Form der Hepatitis B heilt häufig ohne Therapie
aus.
Die Patienten, die eine chronische Verlaufsform der Hepatitis
B haben, bemerken den lnfektionszeitpunkt oft nicht. Insofern
ist es auch schwierig, die lnfektionsquelle exakt festzustellen.
Eine chronische Verlaufsform entsteht dadurch, dass die körpereigene
lmmunabwehr nicht in der Lage ist das Virus erfolgreich zu entfernen.
Chronisch erkrankt ist derjenige, bei dem die Krankheit länger
als 6 Monate dauert.
Die chronische Hepatitis B hat unterschiedliche Verlaufsformen.
Sie kann einerseits als chronische, wenig aktive Hepatitis mit
geringen Replikationen des Hepatitis B Virus verlaufen, andererseits
gibt es auch hochreplikative Formen, die durch einen chronisch
aktiven Verlauf innerhalb kurzer Zeit (bis 10 Jahre) in eine
komplette Leberzirrhose übergehen können.
Welche Verlaufsform der chronischen Hepatitis bei einem bestimmten
Patienten vorliegt, kann anhand von Bluttesten, ggf. auch unter
Zuhilfenahme einer Leberbiopsie bestimmt werden.
Zur Beurteilung der Hepatitis ist es wichtig, die einzelnen
Bestandteile des Virus zu kennen. Diese sind im weiteren dargestellt:
- HBs-Antigen
Virusbaustein, der in der Virushülle liegt, Zeichen einer
akuten oder chronischen Hepatitis B
- HBe-Antigen
Bestandteil der Viruskapsel, kann im Blut nachgewiesen werden.
Indirekter Nachweis der Virusmenge (Replikation)
- HBc-Antigen
Bestandteil der Viruskapsel, kann in der Leber, nicht aber
im Blut nachgewiesen werden
- Antikörper:
anti-HBs, anti-HBe, anti-HBc
werden vom körpereigenen Immunsystem gebildet, um das
Virus aus dem Körper zu entfernen
- Transaminasen
Leberwerte (GPT,GOT) die eine erhöhte Entzündungsaktivität
in der Leber anzeigen
Histologie: Mikroskopische Untersuchung von Gewebe (z.B.
der Leber)
Wichtige Untersuchungen bei der Hepatitis B
Antigene (Ag) sind Substanzen, die vom Körper als fremd
erkannt werden (z.B. Virusbestandteile) und die zur Produktion
von Abwehrstoffen (Antikörpern, Ak) führen.
Symptome der Hepatitis B verlaufen unterschiedlich. Die Inkubationszeit
beträgt 6 Wochen bis 4 Monate. Grippeähnliche Beschwerden,
Gelenkschmerzen und Abgeschlagenheit stellen typische Symptome
dar. Tritt eine Gelbsucht auf (Ikterus) spricht man von einer
schweren Verlaufsform der akuten Hepatitis.
Etwa 2/3 der Patienten verspüren auch bei einer akuten
Hepatitis B wenig Symptome. Die Beschwerden der Hepatitis B
sind nicht spezifisch, sondern können nur im Rahmen der
laborchemischen Untersuchung eingeordnet werden. Die Chronizität
der Hepatitis B resultiert aus der verminderten lmmunabwehr
des Körpers.
Die Hepatitis-B-Viren infizieren ständig neue Leberzellen.
Diese Leberzellen gehen unter und werden durch neue Leberzellen
ersetzt. Der chronische Entzündungsprozess führt zu
vermehrtem bindegewebigem Umbau.
Dadurch kann die Leberarchitektur zerstört werden und über
eine Leberfibrose in eine Leberzirrhose als Ausdruck einer Narbenleber
übergehen.
Infektionsgefahren
Die Übertragung des Hepatitis-B-Virus erfolgt zumeist
über infiziertes Blut, sexuelle Kontakte oder während
der Geburt. Das Hepatitis-B-Virus ist sehr viel ansteckender
als z.B. HIV oder Hepatitis C. Das Hepatitis-B-Virus wird ausschließlich
von Mensch zu Mensch übertragen.
Die Übertragung des Hepatitis-B-Virus durch Blutprodukte
kann durch moderne Tests heute verhindert werden, insofern ist
das Risiko, durch Blut und Plasmapräparate bei nötigen
Transfusionen das Hepatitis-B-Virus zu erlangen, heute als gering
einzuschätzen. Daneben stellen verunreinigte Spritzen oder
Nadeln (Drogenkonsum) einen wichtigen Risikofaktor dar. Auch
bei Tätowierungen und Körperpiercing besteht die Gefahr
einer Hepatitis-B-lnfektion. Eine Übertragung durch offene
Wunden, Rasierklingen und Zahnbürsten ist ebenfalls möglich.
Die sexuelle Übertragung des Hepatitis-B-Virus ist, anders
als beim Hepatitis-C-Virus, häufig. Patienten bei denen
Viren im Blut nachgewiesen werden können, sollten zum Schutz
des Partners Kondome verwenden.
Eine Übertragung kann möglicherweise aber auch durch
Speichel und andere Körperflüssigkeiten erfolgen.
Eine Schutzimpfung kann die Umgebung, insbesondere den Sexualpartner,
definitiv schützen.
Zuweilen kommt es auch zu einer Ansteckung von Neugeborenen.
Die Gefahr einer Infektion des Neugeborenen durch eine mit Hepatitis
B infizierte Mutter, ist nach der Geburt am größten.
Daher muss das Neugeborene einer aktiven und passiven Schutzimpfung
unterzogen werden, um eine chronische Viruserkrankung zu verhindern.
Ob eine Hepatitis-B-lnfektion durch Stillen übertragen
werden kann, ist umstritten. Wahrscheinlich ist die Viruslast
der stillenden Mutter für das Risiko der Übertragung
zuständig.
Prognose der Erkrankung
Die chronische Hepatitis B kann in eine komplette Leberzirrhose
übergehen. Diese geht mit einem zunehmenden Funktionsverlust
der Leber einher und kann zur Ausbildung von Krampfadern in
der Speiseröhre (Varizen) sowie einer Bauchwassersucht
führen.
Eine fortschreitende Leberfunktionsstörung führt zum
Coma hepaticum und zum Tod des Patienten.
Als Komplikation der Hepatitis B in einer Leberzirrhose kann
es zur Ausbildung eines Leberzellkrebses kommen, der schwierig
zu behandeln ist.
Therapie der chronischen Hepatitis B
Zur Therapie der chronischen Hepatitis B stehen heute mehrere
Medikamente zur Verfügung:
- Seit langem ist der Einsatz von Interferon alpha bekannt.
Bei Interferon alpha, das auch zur Behandlung der akuten und
chronischen Hepatitis C eingesetzt wird, handelt es sich um
einen körpereigenen Eiweißstoff, der u.a. von weißen
Blutkörperchen produziert wird. Dieser Botenstoff dient
dazu, das Immunsystem des Körpers zu aktivieren mit dem
Ziel der Viruselimination. Bei hohen Leberwerten und vorhandenem
HBe-Antigen (s.o.) können bei vielen Patienten durch
eine Interferontherapie die Leberwerte längerfristig
gesenkt und eine Änderung des Immunstatus (Sero-Konversion
von HbeAG zu anti-HBe) erreicht werden. Die Entzündungsaktiviät
in der Leber vermindert sich. Leider wird eine dauerhafte
Entfernung des Hepatitis-B-Virus nur selten erreicht. Neue
Studien mit pegylierten Interferonen ("1 Spritze pro
Woche") scheinen die Effektivität der Interferontherapie
zu verbessern. Leider ist diese Therapie nebenwirkungsreich
und kostenträchtig, ohne dass - im Gegensatz zur chronischen
Hepatitis C - eine definitive Heilung erreicht werden kann.
- Aus diesem Grunde ist es für Patienten erfreulich,
dass in den letzten Jahren Medikamente entwickelt worden sind,
die aktiv in die Virusvermehrung des Hepatitis B Virus eingreifen,
diese blockieren und damit die Viruslast auf ein Minimum senken.
Die Leberentzündung bildet sich dadurch zurück,
die Infektionsgefahr, die von dem Virusträger ausgeht,
wird minimiert.
Diese Medikamente gehören zur Substanzklasse der Nukleosid-Analoga,
die auch bei einer HIV-Infektion zum Einsatz kommen. Sie werden
als Tabletten eingenommen, sind effektiv und haben selten
Nebenwirkungen.
Es bedarf jedoch einer Dauertherapie, d.h. einer täglichen
Einnahme der Medikation, um den Therapieeffekt bei 70-90 %
der Patienten mit chronischer Hepatitis B zu erreichen.
- Als erstes Medikament hat sich Mitte der 90-iger Jahre Lamivudin
(Zeffix®, 100 mg) als Therapie etabliert, es ist effektiv
und nahezu nebenwirkungsfrei. Das Problem besteht in der Resistenzentwicklung.
Dies bedeutet: um so länger die Behandlung dauert, um
so größer wird die Zahl der Patienten, bei denen
das Medikament seine Wirkung verliert. Nach 4 Jahren werden
- dies zeigen internationale Studien - bis zu 60 % gegen Lamivudin
resistent.
- Für Patienten, die mit Lamivudin behandelt werden und
bei denen sich eine Resistenz eingestellt hat, ist es erfreulich,
dass 2003 ein neues Nucleosid-Analogum die Zulassung erhalten
hat (Adefovir, Hepsera®, 10 mg).
Dieses Medikament ist ebenfalls hoch effektiv, wird gut vertragen
und entwickelt bisher selten Resistenzen. Auch hier ist eine
Dauerbehandlung erforderlich, will man das Ziel erreichen,
die Leberwerte zu normalisieren und die Virusvermehrung zu
unterdrücken.
- Neue Nucleosid-Analoga sind in Erprobung. Kombinationstherapien
aus Nucleosid-Analoga und Interferon alpha werden geprüft,
um die Therapie der chronischen Hepatitis B zu optimieren.
Für bisher nicht an einer Hepatitis B Erkrankte ist jedoch
bedeutsam:
Die Erkrankung kann durch eine Schutzimpfung verhindert werden!
Seit mehr als 20 Jahren ist eine solche Schutzimpfung etabliert,
die einen kompletten Infektionsschutz gegen Hepatitis B ermöglicht.
Die ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt, dass alle
Säuglinge, Kleinkinder und Jugendliche vor der Pubertät
geimpft werden sollen, um die Ausbreitung der Erkrankung zu
verhindern und die Hepatitis B - Infektion langfristig auszurotten.
Die Schutzimpfung wird im Kindes- und Jugendalter von den Krankenkassen
bezahlt.
Auch Patienten, mit anderen Lebererkrankungen (z.B. chron.
Hepatitis C, PBZ, NASH, u.a.) sollten sich vor Hepatitis B (und
A) schützen.
Auch hier ist eine Impfung auf Krankenkassenkosten möglich
(Indikationsimpfung).
Dr. Dietrich Hüppe
niedergelassener Internist & Gastroenterologe, Herne
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